Foto: Günter Katz

Seit ihrer Weihe am 8. September 1891 war die Kath. Kirche Maria Himmelfahr, Otterstadt Pfarrkirche der gleichnamigen Pfarrgemeinde.
2015 ist die „Gemeindepastoral 2015“ im Bistum Speyer in Kraft getreten. Die bisherigen 342 selbständigen Pfarrgemeinden wurden zu 70 Pfarreien zusammengelegt und erhielten ein neues Patrozinium. In unserem Raum wurden die Pfarrgemeinden Altrip, St. Peter und Paul, Limburgerhof St. Bonifatius, Neuhofen St. Nikolaus, Otterstadt Maria Himmelfahrt und Waldsee St. Martin zur neuen Großpfarrei Waldsee St. Christophorus zusammengeführt. Sitz der Pfarrei ist Waldsee, Hauptkirche die Kirche St. Martin in Waldsee. Die einzelnen bisherigen Pfarreien heißen jetzt Gemeinde, ihre Kirchen sind zu Nebenkirchen geworden.

Diese „Herabstufung“ unserer Kirche ändert aber nichts an der Bedeutung der Kirche für die Otterstadter Katholiken. Viele von ihnen wurden hier getauft, sind hier zur Erstkommunion gegangen, waren Messdiener, haben hier geheiratet und haben diese Stationen mit ihren Kindern und vielfach auch schon mit ihren Enkelkindern mitfeiern können. In Sterbeämtern und Trauergottesdiensten haben sie von lieben Verstorbenen Abschied genommen. Ereignisse, mit vielen Emotionen verbunden, bei denen das Gotteshaus eine Rolle spielt.
Aber ganz unabhängig von diesem religiös-emotionalen Bezug ist die Kirche ein ganz wichtiges Gebäude in unserer Ortsgemeine.
Sie prägt zusammen mit der alten Kirche die Silhouette des Dorfes.

Ihre zentrale Lage, in einem schönen Garten, direkt am Königsplatz, in unmittelbarer Nähe von Dorfgemeinschaftshaus (Remigiushaus), Jugendhaus, Rathaus, Kindergarten „Casa Vincentina“ und Grundschule, macht die Kirche zum wahren Dorfmittelpunkt.
Sie ist neben dem Remigiushaus auch ein Ort kultureller Veranstaltungen.
Als herausragendes Beispiel neugotischen Kirchenbaus um die Jahrhundertwende (19./ 20. Jahrhundert) verdient sie es auch aus dieser Sicht, etwas genauer betrachtet zu werden.

Ortsgeschichte

Wenige steinzeitliche Funde in unserem Raum zeigen, dass schon vor einigen tausend Jahren Menschen die Gegend durchstreiften, eine steinzeitliche Besiedlung lässt sich nicht nachweisen. Das gleiche gilt für die keltische Zeit. Eher anzunehmen ist dies für die mehr als 400 Jahre währende Zeit, in der unser Raum zum Römischen Reich gehörte. An der wichtigen Römerstraße von Basel nach Mainz ist eine Siedlung oder ein bäuerliches Gehöft zur Versorgung der nahe gelegenen Stadt Civitas Nemetum (Speyer) denkbar. Wenn es solche Siedlungen gab, wurden sie nach dem Abzug der Römer (Anfang des 5. Jh.) aufgegeben und zerstört.
Die dauerhafte Besiedlung erfolgte im Rahmen der sog. Fränkischen Landnahme (6.-8. Jh.). Der Speyergau war im Besitz des Speyerer Bischofs (die konkret fassbare Bischofsliste beginnt im Jahr 614 mit Bischof Hilderich). Der 24. Bischof von Speyer, Walter, tritt bei der ersten urkundlichen Erwähnung Otterstadts, am 7. April 1020, in Erscheinung. Er übergibt eine Hufe in der Odderstadter Mark gelegen einem gewissen Sahso und seiner Gemahlin Geila.
Ein weiterer Bischof von Speyer ist in der frühen Geschichte Otterstadts von Bedeutung. Rüdiger Huzmann (1074 – 1090) schenkte das Dorf in seiner Amtszeit dem Stift St. Johannes Evangelist und St. Guido zu Speyer. Er übertrug dem Stift auch einen Teil seiner landesherrlichen Rechte (allg. Verwaltung, niedere Gerichtsbarkeit)
Die „Malefiz- und Criminalgerichtsbarkeit“ übte der Bischof, als Landesherr, weiterhin aus. Bis zur napoleonischen Besetzung unseres Gebietes 1797 und dem Ende der Grundherrschaft des Stiftes hatte diese Verwaltungsform Bestand.
Mit der Schenkung von 1090 ging auch die Seelsorge in Otterstadt an die Kanoniker des St. Guido-Stiftes. Ob es zu dieser Zeit schon eine Kirche gab, entzieht sich unserer Kenntnis. Der erste namentlich bekannte Pfarrer ist Robert Koch (27.06.1419 erstmals genannt).

Ortsplan von 1615

Die Kirchen in Otterstadt

Im Ortsplan von 1615 ist nordöstlich des alten Dorfplatzes (heute Lindenplatz) eine Kirche in der Nähe eines größeren Weihers eingezeichnet. Daher spricht man heute vom Kirchlein am See. Alfons Schreiner schreibt in seiner Ortschronik von 1981: „Vermutlich war sie überhaupt die erste Kirche unseres Dorfes und schon viele Jahrhunderte alt. Wetter und Sturm, Hochwasser und Kriegsnöte hatten ihr um die Mitte des 18. Jahrhunderts schwer zugesetzt, für die Zahl der Pfarrkinder war sie schon längst viel zu klein geworden.“

Mit drastischen Worten beschreibt Caplan Petrus Antonius Schaffsteck, Pfarrer zu Otterstadt, 1740 in einem Brief an seinen Bischof, Hugo Damian von Schönborn, den Zustand der Kirche Doch erst dessen Nachfolger, Franz Christoph von Hutten, zwingt die Zehntherren von St. Guido, nachdem diese sich lange gesträubt hatten, eine neue Kirche zu bauen. Am 27. Juni 1747 wurde der Grundstein gelegt. Immer wieder gab es Verzögerungen am Bau und der Bischof musste die Stiftsherren mehrfach zur Eile mahnen. Endlich, am 16. August 1750, dem Sonntag nach Mariä Himmelfahrt, konnte die Kirche eingeweiht werden. Heute sprechen wir von der alten Kirche.

Zeichnung von 1872

Baugeschichte der neuen Kirche

Hatte Otterstadt bei der Einweihung der Kirche ca. 400 Einwohner, so waren es 100 Jahre später (1850) schon 1466. Die neu erbaute Kirche reichte nicht mehr aus. Aber es mussten noch einmal mehr als 30 Jahre vergehen, ehe der Gemeinderat am 26.Dezember 1886 beschloss eine neue Kirche zu bauen, im Frühjahr 1887 sollte begonnen werden. Zur Finanzierung wollte man ein Darlehen in Höhe von 70 000 Mark aufnehmen, das dann auf 75 000 und letztendlich auf 80 000 Mark erhöht werden musste. Bei einer so hohen Summe sollte doch lieber eine Gemeindeversammlung zustimmen. Diese fand am 6. Februar statt. Nach der Aussprache verließen ca. 30 Gegner des Vorhabens den Raum, von den Verbleibenden stimmten 105 für und 10 gegen die Kreditaufnahme.

4 Tage später ging beim Bezirksamt in Speyer ein „Widerruf gegen den Bau einer katholischen Kirche zur jetzigen Zeit“ ein, unterzeichnet von 65 Otterstadter Bürgern. Begründet wurde der Widerspruch mit drohender Kriegsgefahr und den hohen Lasten für die Bürger, die größtenteils der Arbeiterschaft angehören.

Dem widersprach nun das Bürgermeisteramt: Die Befürworter des Neubaus wären auch die bedeutendsten Steuerzahler, von den Gegnern hingegen würden fünf Armenunterstützung erhalten und die anderen trügen auch nur wenig zum Steueraufkommen bei.

Eine Lösung kam von einer ganz anderen Seite. Wegen der Rheinregulierung musste die Staatsgrenze zwischen dem Königreich Bayern und dem Großherzogtum Baden neu bestimmt werden. Ein Teil des Otterstadter Gemeindewaldes kam nach Baden, der Angelwald zu Bayern und wurde der Gemarkung Otterstadt zugeschlagen. Ca. 10 ha Tonerde, für Herstellung von Ziegeln und Backsteinen bestens geeignet, lagen nun auf Otterstadter Gebiet. Zwei konkurrierende Ziegeleien überboten sich bei einer Versteigerung des Geländes gegenseitig. Für 89 000 Mark erhielt Max Adler, Direktor der Dampfziegelei Reffenthal AG, den Zuschlag.

Ganz euphorisch macht man nun neue Pläne:

An der Klinggasse, heute Ringstraße, westlich des Königsplatzes hat die Gemeinde drei Anwesen erworben, darunter das Wirtshaus „Zur Sonne“ und diese abreißen lassen. Der so entstandenen Fläche von 39,5 m Länge und 37,2 m Breite hat die Gemeinde aus ihrem Eigentum 42,8 m in der Länge hinzugegeben und der Kirche zum „völligen Eigentum“ überlassen.

 Aus dem Abbruchmaterial der alten „Sonne“ haben die Wirtsleute Josef und Barbara Holz auf der anderen Seite der heutigen Kirchenstraße das neue Wirtshaus „Zur Sonne“ errichtet.

Der Speyerer Architekt Franz Schöberl, von dem auch die bisherigen Entwürfe stammten, hat neue Pläne erstellt: Gewölbe statt Holzdecke, neuer Kostenanschlag 110 000 Mark.

Aber nun machte die Königlich Bayrische Regierung Probleme. Der Erlös aus dem Verkauf von Gemeindeland müsse dem Grundstockvermögen der Gemeinde zugeführt werden, und der Zuschuss zum Kirchenbau würde die nach Gemeindeordnung gesetzte Maximalsumme bei weitem übersteigen.

Nach einem fast zwei Jahre dauernden Streit einigte man sich auf eine Bausumme von 86 000 Mark, davon sollte die Gemeinde 72 000 bezahlen, der Rest dem Kirchenvermögen entnommen werden. Nach einer vorbehaltlichen Genehmigung vom 6. Februar 1889 kam am 11 Mai die endgültige Genehmigung durch die Regierung.

Am Festtag des Hlg. Erzengels Michael, Sonntag, den 29. September 1889, war Grundsteinlegung. Der Grundstein enthält eine Kapsel mit einer auf Pergament geschriebenen Urkunde und liegt nach einer Notiz von Pfarrer Georg Conrad Schneider „am Pfeiler der Evangelienseite zwischen der Kommunionbank und dem Marienaltar.“

„Rüstig schritt der Bau voran, und nach zwei Jahren, am Feste Mariä Geburt (8.Sept.) des Jahres 1891, konnte die feierliche Konsekration bereits vollzogen werden.“ (Pfarrgedenkbuch im Pfarrarchiv Otterstadt)

Die neue Kirche (Foto 2021: A.Blättner)
Nordseite mit Taufkapelle

Der Außenbau

Langhaus, Chor, Sakristei, Taufkapelle

Im Zentrum des reichlich bemessenen Bauplatzes wurde unter Leitung des Architekten Franz Schöberl durch den Baumeister Daniel Lauer aus Niederlustadt der neugotische Kirchenbau errichtet. Der Bau ist ca. 45 m lang, knapp 20 m breit und hat einen Turm von ca. 50 m Höhe.

Auf einem Sockel aus rotem Sandstein steht das Mauerwerk aus gelben Blankziegeln, vor allem im Bereich der Fenster und an der Turmfassade mit eingelegten Ornamenten aus roten Ziegeln. Ein Dachgesims aus rotem Sandstein bildet den oberen Abschluss.

Das Langhaus, eine dreischiffige Halle mit erhöhtem Mittelschiff, wird durch sechs Fensterachsen gegliedert. Betont wird diese Gliederung durch fünf vorspringende, rechteckige, dreifach verjüngte Pfeiler, zwischen den Fenstern. An der Nord- bzw. Südostecke zwei kleinere nach Norden / Süden und Osten gerichtete Pfeiler. Die Pfeiler sind mit gelben Klinkern aufgemauert, die Verjüngungsstellen mit Sandsteinelementen geschmückt.  In der Mitte der Nordseite befindet sich ein Seitenportal. Die Walmdächer über den Fenstern sind in das Satteldach des Langhauses integriert. Darüber sind zu beiden Seiten des Langhausdaches 6 Dachgauben zu sehen, ebenso in den Dachelementen des Chorabschlusses. Die Dächer sind mit Schiefer gedeckt.

Entgegen der weit verbreiteten Ausrichtung nach Osten, wird in Otterstadt das Mittelschiff im Westen von einen sog. 5/8 Chor (5 Seiten eines Achtecks) abgeschlossen. In den Winkel zwischen Seitenschiff und Chor ist auf der Nordseite die Taufkapelle, auf der Südseite die Sakristei, jeweils mit gotischen Fenstern zur Westseite und Rundfenstern zur Nord- bzw. Südseite angebaut. Die Sakristei hat einen separaten Eingang. Die Anbauten haben zur Folge, dass nur die drei mittleren Felder des Chorabschlusses Fenster haben.

Ostfassade mit Turm

Die Ostfassade der Kirche orientiert sich zum Königsplatz hin. Herzstück ist der durch Sandsteingesimse gegliederte Turm mit dem Hauptportal, der sich an das Mittelschiff anschließt. Vor das Hauptportal ist eine kleine Vorhalle mit spitzem Giebel gesetzt. Die Eckpfeiler der Ostwand sind mit Sandsteintürmchen gekrönt. Nach Osten öffnet sich die Vorhalle mit zwei gotischen Bogen, die auf jeweils zwei Säulen aufgesetzt sind. Über dem Hauptportal ein weiterer Spitzbogen mit einem Fünfpassfenster im Tympanon (Herz Jesu Darstellung, gestiftet von der Familie Joseph Berthold). Darunter ein hölzernes Zweiflügelportal mit Reliefschnitzereien, angefertigt von Heinrich Scherpf aus Speyer.

Dargestellt sind:

Linker Türflügel, Gottvater und Jakob, der gerade von seinem Traum „von der Himmelsleiter“ erwacht und feststellt: „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.“ (Hic domus Dei est et porta coeli Gen 28,12, so steht es auf dem Schriftband unter dem Bild)
Rechter Türflügel, Jesus als Hirte mit zwei Schafen überreicht Petrus die Schlüssel des Himmelreiches (auf dem Schriftband lesen wir: „Tibi dabo claves regni caelorum Math 16,10“, Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben).

Gestiftet wurde das Portal von den Brüdern Josef, Friedrich., Peter und Andreas Reiland, so steht es auf einem Schriftband über den beiden Bildern.

In die Mauer des Turmuntergeschosses sind auf der Nord- und Südseite Wendetreppen eingelassen, die an der Turm-Außenmauer an halbkreisförmigen Mauervorsprüngen deutlich zu erkennen sind. Die Treppen führen ins 1. Turmgeschoß. Die Zugänge sind im Untergeschoß durch Türen verschlossen.

Von dieser ersten Turmebene erfolgt der Zugang zur Orgelempore und über eine Holztreppe der Aufstieg zur 2. Ebene. Von außen ist diese durch das umlaufende Sims und die Arkaden mit abwechselnd Fenstern und Blendfenstern unter den Balkonen zu erkennen.

Die Balkone an den drei sichtbaren Seiten des Turmes bilden die nächste (3.) Ebene. An der Westseite ist der Zugang zum Dachgeschoß von Langhaus und Chor.

Über eine Leiter gelangt man hinauf in die Glockenstube, die höher als das Kirchendach liegt und drei Schallöffnungen in Geschoßhöhe nach allen vier Turmseiten aufweist. Die Wandflächen mit den Schallöffnungen sind etwas zurückgenommen, dadurch wirken die Ecken des Turmes wie Pfeiler. Verstärkt wird diese Wirkung noch durch die reiche Ornamentik und die aufgesetzten achteckigen Türmchen mit spitzem Kupferdach. Zwischen diesen Türmchen sind Dreiecksgiebel aufgemauert, welche die Zifferblätter der Turmuhr tragen. Darüber erhebt sich der spitze, mit Kupferblech gedeckte Turmhelm, der von Goldkugel, Kreuz und Wetterhahn gekrönt ist.

Die Seitenschiffe werden durch eine über die Höhe der Walmdächer hinausragende Mauer geschlossen. Zu jedem Seitenschiff führt im Untergeschoß eine Nebentür, darüber ein Fenster. Die Mauer schließt in der Höhe mit dem zweiten Turmgeschoß ab. Das dort im Turm vorhandene Element der Fenster/Blendarkaden wird für den oberen Teil der Mauer, hier als reine Blendarkaden, übernommen. An beiden Enden der Mauer sind kleine Türme aufgebaut, die einen steinernen Helm tragen.

Wegen der Anbauten von Sakristei und Taufkapelle ist der im oberen Teil identische Westabschluss der Seitenschiffe nicht so augenfällig.

Turm Erdgeschoß
Chorfenster: vorher
nachher

Außenrenovierung 2006-2008

Anfang des Jahrhunderts fand man immer mehr Sandsteinabplatzungen im Kirchengarten, und es waren immer mehr größere Teile darunter. Im Kircheninneren konnte man an einigen Stellen Wasserflecken im Gewölbeputz erkennen, ebenso in Teilen des Sockelbereiches. An den Fensterscheiben bildete sich Kondenswasser. Unsere Kirche war in die Jahre gekommen und eine umfassende Sanierung war angesagt. Zu diesem Schluss kam auch das bischöfliche Bauamt, das nach einer gründlichen Untersuchung im Sommer 2005 feststellte, dass Turm und Dach komplett saniert werden müssen, ebenso müssen die Sandsteinteile restauriert und die Kirchenfenster überarbeitet werden. Empfohlen wurde eine Innenrenovierung zu einem späteren Zeitpunkt.

Im Mai 2006 begannen die Arbeiten. In mehreren Bauphasen wurde das komplette Gebäude gereinigt, alle Sandsteinteile wurden überprüft, lose Teile verklebt oder verdübelt, wenn nötig ausgetauscht. Die Chorfenster und die Fenster der Ostfassade wurden ausgebaut, gereinigt, wo nötig restauriert. Beim Wiedereinbau wurde auf einen ausreichenden Abstand zur Schutzverglasung geachtet. Durch eine bessere Luftzirkulation zwischen den beiden Scheiben wird die Bildung von Kondenswasser und somit Schäden an der Glasmalerei verhindert.

Im Turm wurde der Glockenstuhl gerichtet und verstärkt. Die Jalousien an den Schallöffnungen wurden komplett erneuert. Die Turmuhr -sie fällt in den Zuständigkeitsbereich der Ortsgemeinde- wurde überarbeitet, die Zifferblätter heruntergenommen, aufgearbeitet, neu gestrichen und vergoldet, ebenso Kreuz und Turmhahn.

Das komplette Kirchendach wurde neu gedeckt, jetzt mit Naturschiefer, die Holzteile der Dachgauben erneuert und neue Dachzierden angebracht. Eine neue Dachentwässerung war notwendig, und das komplette Abwassersystem wurde bis zum Kanal neu verlegt.

Abschluss der Außenrenovierung Ende 2008.

Nach einem Jahr Pause wurde ab 2010 die Innenrenovierung in Angriff genommen.

Der Innenraum

Der Kirchenraum wird durch sechs Bündelpfeilerpaare in ein breiteres, höheres Mittelschiff und zwei Seitenschiffe geteilt. Die Pfeiler bestehen aus einem gemauerten und verputzten Vierkant auf Basen aus rotem Sandstein, mit Halbsäulenvorlagen aus Sandstein an allen vier Seiten. Schaftring und Kapitelle ebenfalls aus rotem Sandstein. Der Vierkant ist sandsteinfarbig gefasst. Die Außenwände sind durch gemauerte verputzte Halbsäulen zwischen den Fenstern gegliedert. Der Putz ist sandstein-farbig gestrichen. Die Basen und Kapitelle sind aus Sandstein.

Die drei Schiffe werden durch Kreuzrippengewölbe abgeschlossen. Die Gurtbögen und Rippen sind aus Backstein gemauert und verputzt.

Im Kirchenschiff und im Chor befindet sich unterhalb der Fenster ein umlaufendes Sandsteingesims mit einfacher Profilierung.

Über dem Haupteingang im ersten Joch des Mittelschiffs ist eine Empore eingebaut. Sie wird von zwei zusätzlichen Sandsteinsäulen auf der Westseite und je einer auf der Nord- und Südseite getragen. Eine schöne Sandsteinbalustrade schließt die Empore nach oben ab.

Auch der Chorraum ist mit Kreuzrippengewölbe über Chorpfeiler und Halbsäulen, sowie Kappengewölbe über den Fenstern gestaltet.

Laut Untersuchungsbericht der Firma Keller Restaurierungen, Köln von 2009 sind alle Schlusssteine aus „weißem feinkörnigem Material, vermutlich Gipsabgüsse“.

Empore
Rosette Chorgewölbe
Blick nach Osten (vor 2010)
"halber Stern" vor dem Gemeindealtar

Frühere Renovierungen

Fertigstellung der Kirche mit Ausmalung 1891. Nach 65 Jahren Standzeit wurde die Kirche1956 erstmals renoviert. Wand und Deckenflächen wurden gründlich gereinigt, Risse und Beschädigungen mit weißer Spachtelmasse ausgebessert. Bogen und Rippen wurden rot, Wände und Decke weiß gestrichen.

Die auf der Nordseite an den Chor angebaute Taufkapelle wurde seit den 1930er Jahren immer mehr als Stauraum für liturgische Geräte, Altarwäsche und Messgewänder genutzt. Im Zuge der Renovierung wurde der Taufstein an seinen jetzigen Standort neben dem Josefsaltar versetzt, der offene Spitzbogen zum Chor wurde vermauert und mit einer Tür versehen (analog zur Südseite, Eingang zur Sakristei).

Die Kirchenfenster erhielten eine Schutzverglasung. In diesem Zusammenhang wurde auch der Wunsch der damaligen Sakristanin, Schwester Vincentina, erfüllt und die Fenster der Sakristei und der Taufkapelle getauscht.

Der größte Teil der bauzeitlichen Bodenfliesen (Villeroy und Boch) ist auch heute noch erhalten. Beim Einbau der Heizung in den 1960er Jahren wurde ein Teil zerstört und durch einfarbige rotbraune Fliesen ersetzt.

Bei der nächsten Renovierung 1984 wurde der Anstrich erneuert, Bogen und Rippen rotlasiert als Sandsteinimitation mit hellgrauen schmalen Fugenstrichen gemalt.

Der Chor wurde umgestaltet, die Kommunionbank entfernt. Der neu zu errichtende Gemeindealtar sollte näher an die Gemeinde heranrücken. Dazu wurde der Mittelteil des Chores nach vorne verlängert und der neue Altar auf der so entstandenen Fläche aufgebaut. Durch diese Baumaßnahmen gingen einige Quadratmeter Fliesen verloren. Der schöne Stern am Ende des Mittelganges ist nur noch zur Hälfte zu sehen.

Wenn auch stark übermalt sind noch einige figürliche Abbildungen der bauzeitlichen Raumfassung erhalten:

Mariendarstellung auf der Westwand im Eingangsbereich und Christusdarstellung mit Spruchband „Pax vobiscum“ über dem Eingang zur Sakristei. Nach Meinung unseres Sakristans, Frank Berthold, auch die Darstellung der vier Evangelisten im Chorgewölbe. Frau Keller von o.g. Restaurierungs-betrieb datiert diese Bilder in die 50er Jahre.

Renovierung 2010/2011

Nach der Außenrenovierung stand 2009/2010 erst mal ein Elektro-Check an mit dem Ergebnis, dass alle alten Leitungen erneuert werden müssen. Danach musste zwingend ein Neuanstrich erfolgen. Dies war die Chance, die verloren gegangene bauzeitliche Ausmalung wieder herzustellen und damit der „wahrscheinlich schönsten Kirche des Architekten Franz Schöberl ihr Festkleid zurückzugeben“, so der Diözesanbaumeister Heinrich Hartmann im Mai 2010.

Der o.g. Kölner Renovierungsbetrieb hat auf Grund umfangreicher Untersuchungen festgestellt, dass sich die ursprüngliche Ausmalung rekonstruieren lässt. Hilfreich waren dabei einige historische Schwarzweiß-Fotos und die Tatsache, dass im ersten Joch des Mittelschiffs, verdeckt durch die Orgel, Teile der bauzeitlichen Fassung erhalten waren.

Einige Musterflächen wurden angelegt, so konnte sich die Gemeinde ein Bild vom zukünftigen Aussehen ihrer Kirche machen. Auch wenn die Vorschläge nicht die ungeteilte Zustimmung aller Gemeindemitglieder fand, haben sich Denkmalspflege, bischöfliches Bauamt und der Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat auf ein leicht geändertes Konzept geeinigt.

Ab der Woche nach dem Weißen Sonntag 2010 bis Gründonnertag 2011 war die Kirche geschlossen. Zu den Sonntagsgottesdiensten traf sich die Gemeinde in der prot. Kirche. Nach einigen kleineren Nacharbeiten wurde an Pfingsten 2011 mit einem Festgottesdienst das Ende der Renovierung gefeiert.

Historisches Foto (1953); deutlich erkennbar die Bemalung der Außenwand und der Chorsäule
bauzeitliche Ausmalung hinter der Orgel

Auch heute noch besonders beeindruckend sind der helle Anstrich und die Ausmalung, die in großen Teilen der bauzeitlichen Ausmalung angenähert ist. Dabei ist, wie auch bei der bauzeitlichen Ausmalung, der Chor mit einem aufwändigeren Dekor herausgehoben, das Langhaus zurückhaltender gestaltet. Auf die ehemalige Quadermalerei an den Außenwänden wurde verzichtet. Ein einfarbiger heller Anstrich lässt die Kreuzwegstationen und Figuren besser zur Geltung kommen. Die Gestaltung der Westwand hinter den Seitenaltären ist frei nach historischen Aufnahmen erfunden. Auch für die Fassung des Eingangsbereiches (Turmuntergeschoss) gibt es keine Vorlage. Herrn Hartmann (bischöfl. Bauamt) ist in Zusammenarbeit mit den Restauratorinnen eine stimmige Gestaltung gelungen. Die Flächen zwischen den Rippen wurden mit Blatt- und Blütenranken bemalt, den Abschluss im Gewölbescheitel ziert ein Marienmonogramm auf blauem Grund. Es erinnert zusammen mit der bauzeitlichen Madonnendarstellung oberhalb der Glastür an das Patrozinium der Kirche.

vorher
nachher
Marienmonogramm
Madonna über der Glastür

Vor der Ausmalung und parallel dazu wurden weitere wichtige Arbeiten, die dem Erhalt der Kirche dienen, aber auch zum Gesamteindruck beitragen, durchgeführt:

Die komplette Elektroinstallation wurde erneuert, die Heizung überprüft und eine neue Gastherme in der Sakristei installiert, der Holzfußboden in der Sakristei durch Fliesen ersetzt. Die Kirchenbänke wurden überarbeitet und die Sitzpolsterung erneuert. Sämtliche Fenster wurden ausgebaut und von einer Spezialfirma gereinigt und z.T. neu gemalt. Die Sakristeimöbel wurden restauriert, die Taufkapelle neu möbliert.

Zwei Statuen, Sebastianus und Wendelinus, die zur ursprünglichen Ausstattung der Kirche gehörten, aber seit der Renovierung 1984 nicht mehr vorhanden waren, wurden wieder beschafft und auf neuen Konsolen, an den Chorwänden angebracht.

Die Kirchenfenster

Durch 14 große Buntglasfenster im Langhaus und drei Fenster im Chor fällt das Tagesicht in unsere Kirche. Je ein Fenster und eine Rosette sind in der Sakristei bzw. der Taufkapelle eingebaut, dazu kommt noch eine größere Rosette über dem Hauptportal der Kirche. Die beiden Fenster an der Ostfassade sowie drei Fenster im Langhaus der Kirche zeigen figürliche Darstellungen, ebenso die drei Chorfenster und das Fenster in der Sakristei.

Alle anderen Fenster sind mit Buntglas in verschiedenen geometrischen Formen und Anordnungen ausgeführt, die drei Scheiben im Spitzgiebel jedoch aufwendiger mit geometrischen oder floralen Formen.

Liste der „einfachen“ Fenster:

Fenster 2: Stifter: Familie Valentin Göck
Fenster 3: Stifter: Familie Johann Georg Reiland I.
Fenster 5: Stifter Familie Jakob Ackermann
Fenster 6: Stifter: Familie Josef Ackermann II.
Fenster 14: Stifter: Familie Bartolomäus Ackermann
Fenster 15: Stifter: Familie Conrad Heim
Fenster 16: Stifter: Familie Georg Josef Reiland
Fenster 17 Stifter: Familie Johan Georg Reiland II.
Fenster 18: Stifter: Geschwister Josef, Nickolaus und Valentin Holz

Alle Fenster im Langhaus wurden von der Firma Josef Weißenrieder, München geliefert, die restlichen Fenster von der 1890 gegründeten Firma Kriebitzsch und Vöge, Mannheim. Auf allen Fenstern sind die Namen der Stifter vermerkt.

Unten: Abbildungen der Motive in den Fenstern mit figürlichen Darstellungen.

Fensterplan
Beispiel "einfaches" Fenster (Fenster 5)

Das mittlere Chorfenster

Fenster 10 mittleres Chorfenster: Hauptmotiv Marienkrönung

In den beiden Scheiben darüber Schriftzug REGINA COELI LAETARE
Ganz oben im Fünfpass von unten im Detail nur schwer erkennbar ist ein sog. Gnadenstuhl (Dreifaltigkeitsmotiv) dargestellt. In einer goldfarbigen Strahlenmandorla hält Gottvater mit Krone und langem Bart in einem purpurfarbigen Umhang gehüllt, auf einer Wolke stehend ein Kreuz mit Corpus in beiden Händen. Im oberen der fünf Dreiviertelkreise, welche die Mandorla umgeben, ist eine weiße Taube zu sehen. Die übrigen Kreise zieren auf rotem Grund Rebenrankem mit Reblaub und blaue Trauben.

In den beiden Scheiben unter dem Krönungsbild
links Maria Verkündigung
rechts Maria Himmelfahrt
Stifter: die wenig bemittelten Familien aus Otterstadt

Das linke Chorfenster

Das rechte Chorfenster

Fenster 9: linkes Chorfenster: In einer gotischen Architektur linke Seite Stammvater Abraham,
 rechte Seite Priesterkönig Melchisedek

Stifter Max Adler Director der Speyerer Dampfziegeleien
Fenster 11 rechtes Chorfenster:
In einer gotischen Architektur linke Seite Bischof Remigius mit Bischofsstab und Mitra (Attribut: Taube mit Kanne (Taufwasser),
rechte Seite Pantaleon, Leibarzt Kaiser Diokletians (Attribut: Salbengefäß, Schwert)

Stifter: Familie Philipp Jac. Schotthöfer

Die Fenster der Sakristei

und der Taufkapelle

Rosette Sakristei
Sakristei
Taufkapelle
Rosette Taufkapelle
Über dem Eingang zur Sakristei Rosette Hl Elisabeth (Landgräfin von Thüringen) mit Kronreif, im Heiligenschein Schriftzug: S Elisabeth, Attribut Rosen (Rosenwunder)

Stiftung von Familie Lang
Fenster 8: Maria besucht ihre Base Elisabeth.
Stifter: Elisabetha Lehr

Fenster und Rosette waren ursprünglich in der Taufkapelle
Fenster 12: Ornamentales Muster, Scheibe im Spitzbogen: Taube

Stifter: Simon Schäfer
An der Nordwand der Taufkapelle Rosette Hl. Georg mit Lanze, Schwert und Schild, im Heiligenschein Schriftzug Sanct Georg
Stiftung von Familie Lang
Fenster und Rosette waren ursprünglich in der Sakristei

Die Fenster mit figürlichen Darstellungen im Langhaus

Fenster 4
Fenster 7
Fenster 13
Fenster 4 über dem Beichtstuhl
Gleichnis „Vom verlorenen Sohn“, oder wie man heute sagt, „Vom barmherzigen Vater“.
Bildunterschrift: VATER ICH HABE GESÜNDIGT GEGEN DEN HIMMEL & DICH
Stifter: Familie Peter Hillenbrand. 
Fenster 7: Jesus segnet die Kinder
Bildunterschrift: LASSET DIE KINDLEIN ZU MIR KOMMEN
Stifter: Jakob Müller und Elisabeth Müller
Fenster 13: Auferweckung des Lazarus
Bildunterschrift: JRSUS SPRACH LAZARUS STEH AUF
Stifter: Familie Joseph Hillenbrand
Fenster 19
Rosette über dem Hupteingang
Fenster 1
Fenster 19: Ostseite rechts neben dem Haupteingang zeigt die Namenspatrone der Stifter
Links: Bischof Friedrich mit Mitra und Bischofsstab Attribut: 2 Schwerter
Rechts: Kaiser Heinrich II. mit Schild und Schwert Attribut: Bamberger Dom
Bildunterschrift: SANCT FRIEDRICH SANCT HEINRICH
Stifter: Friedrich Berthold sein Vater Heinrich 
Große Rosette über dem Haupteingang: Herz Jesu
Stifter: Familie Joseph Berthold
Fenster 1: Ostseite links neben dem Haupteinganf zeigt die Namenspatrone der Stifter
Links Johannes der Täufer und rechts Katharina von Alexandria (Attribute: Palmzweig und Rad)
Bildunterschrift: SANCT JOHANN D.T., SANCT KATHARINA
Stifter: Familie Johann Berthold

Die Orgel der katholischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt Otterstadt

In den Jahren 1929/1930 erbaute die Firma Orgelbau Gebrüder Späth aus Ennetach (Württemberg) unter der Führung des damaligen Firmenleiters Dr. Karl Späth die heute noch unverändert erhaltene Orgel.

Orgelbau in Ennetach hat Tradition, 1843 wurde sie von Vitus Klingler begründet. Klingler stammte aus Hart bei Haigerloch und hatte den Orgelbau bei seinem älteren Bruder erlernt, der in Hart bereits eine Werkstätte führte. 1844 kam Alois Späth (1825-1876), der Gründer der Orgelbauerfamilie Späth, zu Klingler in die Lehre, nachdem er zuvor schon eine Schreinerausbildung absolviert hatte. Nach dem Lehrabschluss blieb Späth weiter bei Klingler tätig, bis dieser im Juli 1862 krankheitshalber seine Werkstätte aufgab. Späth machte sich nun selbständig und betrieb den Orgelbau im neu erbauten Haus in der Scherergasse. Aus seiner Werkstätte sind sechs Instrumente bekannt, unter anderem eine Orgel für die Martinskirche in Mengen. Drei seiner Söhne erlernten ebenfalls den Orgelbau. Franz Xaver Späth (1859-1940) konnte schon als Schulpflichtiger Orgeln selbständig stimmen. Nach seiner Lehre beim Vater arbeitete er bei Maier in Feldkirch, Brahmann in Ulm und Klingler in Rohrschach. 1882 übernahm er den väterlichen Betrieb. Seine ersten Werke baute er für die Pfarrkirchen von Herbertingen, Rennhardsweiler und Dotternhausen. Die Söhne Albert (1866-1948) und Hermann (1867-1917) erlernten den Orgelbau bei ihrem älteren Bruder. Albert Späth arbeitete danach bei Ladegast in Weißenfels, Steinmeyer in Oettingen und wurde 1891 Teilhaber am Geschäft seines Bruders. Die Werkstätte firmierte nun unter „Gebrüder Späth“, der Betrieb nahm einen bedeutenden Aufschwung. 1892 wurden die Arbeitsräume erweitert und ein neuer Orgelsaal gebaut. 1900 weitere Neubauten, 1903 teilweise Zerstörung durch Brand und Neuaufbau. 1893 erste pneumatische Orgel in Kanzach, 1901 erste Späth Orgel mit elektrischer Traktur in der Abtei Beuron. 1902 wurde Opus 100, 1930 Opus 400 erbaut. 1927 Ernennung zum päpstlichen Hoflieferanten. Große Instrumente mit mehr als 50 Registern entstanden neben anderen für Ellwangen, Saarbrücken (St. Michael), Stuttgart (Marienkirche), Rottweil (Münster) und Fulda (Dom). 1924 stirbt Franz Xaver Späths zweiter Sohn unerwartet, der erste Sohn Karl (1899-1971), promovierter Dr. med., tritt 1924 ins elterliche Geschäft ein, wird 1926 neben Bihle, Jahnn, Mahrenholz und Walcker in die Orgelbaustudienkommission gewählt und führt die Firma bis zu seinem Tod im Jahre 1971. Der dritte Sohn August (1908-1979) wird 1934 Mitinhaber der Firma, trennt sich 1960 von seinem Bruder Karl und übernimmt die Filiale „Freiburger Orgelbau“. 1967 verlegt er diese Werkstätte nach March-Hugstetten, heutiger Inhaber ist sein Sohn Hartwig Späth (*1942). Der Betrieb in Ennetach wurde 1971 von acht Mitarbeitern der Gebr. Späth übernommen, seit 1990 ist der jüngste Gesellschafter, Werner Waldinger, Alleininhaber. Nach dem Tode Werner Waldingers endete die Ära des Ennetacher Zweiges der Orgeltradition der Familie Späth.

Die Orgelbauerfamilie Späth hat während vier Generationen elf Orgelbauer hervorgebracht und vor allem in Süddeutschland und auch im Ausland bedeutende Instrumente der Romantik geschaffen. Eines der ältesten Werke blieb in Altoberndorf, St. Sylvester, (Opus 10/1890/II/14/P, mechanische Kegellade) erhalten. Originale große Instrumente bestehen heute noch in St. Michael, Saarbrücken, Hl. Geist, Schramberg und Mariä Himmelfahrt Otterstadt.

Die Firma Gebrüder Späth lieferte die Otterstadter Orgel mit 24 Registern – inklusive einer Transmission – auf 2 Manualen und Pedal auf pneumatischer Kegellade (Abstromprinzip) mit folgender Disposition:

  1. Man. Hauptwerk: II. Man. Schwellwerk: Pedal:                     Koppeln:

Principal 8´                      Liebl. Gedeckt 16´                  Contrabass 16´       II-I

Gedeckt 8´                       Geigenprincipal 8´                  Subbass 16´            II-I 16´

Salicional 8´                    Konzertflöte 8´                        Zartbass 16´           II-I 4´

Flöte dolce 8´                  Gamba 8´                                 Octavbass 8´

Praestant 4´                      Nachthorn 8´                           Cello 8´                  I-P

Mixtur 2/2/3´                   Aeoline 8´                                Posaune 16´           II-P

                                         Vox coelestis 8´                                                      II-P 4´

                                         Fugara 4´

                                         Klosterflöte 2´                                                        II 4´

                                         Terz 1/3/5´

                                         Cornett 2/2/3´

                                         Trompete 8´

Spielhilfen als Druckknöpfe in der Manualtraverse:

Feste Kombination: Piano

Feste Kombination: Mezzoforte

Feste Kombination: Tutti

Auslöser

Freie Kombination

Tremulant II. Manual

Zungen ab

Piano Pedal II. Manual (fest eingestellt)

Registerschweller als Tritt über dem Pedal und als Handhebel rechts und links neben den Manualen

Durch ihre vielfältigen Grundstimmen weist die Disposition noch in die Romatik, nimmt aber mit der Einzelaliquote Terz 1 3/5‘ und der Klosterflöte 2‘ die Ideen der „elsässischen Orgelreform“ nach Albert Schweitzer auf. Die Orgel kann dem französisch-englisch-amerikanischen Orgeltyp zu geordnet werden.

Im – als Schwellwerk eingerichteten – zweiten Manual stehen neben der Aliquote auch die Manual-Zungenstimme Trompete 8′. Das erste Manual enthält die lückenlose Prinzipalreihe vom 8‘ bis zur nicht repetierenden Mixtur, die die Superoctave 2‘ beinhaltet. Die Konzertflöte 8‘ ist als überblasendes Register konstruiert. Sieben Register, ergänzt durch die sanft schwebende Vox coelestis, gehören der Familie der Streicher an. Durch Super- und Subkoppeln lässt sich der Farbenreichtum der Register voll ausschöpfen und der Orgelklang zu grandioser Fülle steigern. Eine freie Kombination, drei feste Kombinationen (p, mf, Tutti) und ein Registercrescendo sowie eine automatische Piano-Pedal-Schaltung sind als Spielhilfen beigegeben. Der gewaltige, etwas überdimensionierte Freipfeifenprospekt der Orgel erstreckt sich über die gesamte Emporenbreite und gliedert sich in scheinbar zweiter Etage über der Empore in fünf ineinander fließende Pfeifenfelder.

Im Jahre 2003 wurde die Orgel umfassend durch die Orgelmanufactur Hugo Mayer GmbH Heussweiler restauriert und ausgereinigt. Hierbei wurden sämtliche Verschleißteile, vor allem die für die Steuerung verantwortlichen Membranen, ausgetauscht. Auch wurden zwei dispostionelle Veränderungen, die im Laufe der Jahre dem Zeitgeschmack geschuldet waren, wieder rückgängig gemacht. So wurde die Flöte Dolce 8‘ im Hauptwerk und das Nachthorn 8‘ im Schwellwerk, nachdem beide Register durch Oktavversetzter Aufstellung zu 2‘ bzw. 4‘ Länge reduziert wurden, wieder in den originalen Zustand versetzt. Erleichtert wurde dieses Unterfangen dadurch, dass die originalen Pfeifen in der Orgel eingelagert wurden und somit nur die Raster, die die Pfeifen in ihrer Position halten, rekonstruiert werden mussten. Weiterhin wurden bei dieser Renovierung die Windladen, die für die Verteilung des Windes zu den einzelnen Tönen sorgen und auf denen die Pfeifen stehen neu abgedichtet, nachdem sich aufgrund der starken Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen in der Kirche (Heizung im Winter) Risse im Holz gebildet hatten und dadurch unkontrollierbare Heuler entstanden, neu abgedichtet und verleimt. Durch das Stimmen der Orgel hat sich in über 70 Jahren an einigen Pfeifen Materialermüdungserscheinungen gezeigt. Diese wurden durch behutsame Ausbesserung schadhafter Teile beseitigt. Um die Windversorgung der Orgel stabil zu halten wurde der Magazinbalg neu beledert und somit abgedichtet. Dabei wurde ein Konstruktionsfehler festgestellt: Das Volumen des Magazinbalges war zur Erbauungszeit der Orgel zu gering berechnet worden, so dass bei vollgriffigen Spiel die Orgel „absoff“. Um diesem Windmangel entgegen zu wirken wurde ein zweiter Magazinbalg für die Windversorgung an die Orgel angeschlossen. Ein weiterer Fehler wurde bei der Elektrifizierung des Gebläses in den 50er Jahren gemacht. Der Ventilator, der den Wind in den Magazinbalg bläst, war als Schnellläufer geliefert worden. Diese zu schnelle Rotation des Ventilators hat zu unruhigem Wind in den Windladen geführt, was sich in „flackernden“ Tönen bemerkbar machte. Durch den Einbau eines „Langsamläufers“ wurde dieser Mangel gelungen behoben. Bei dieser Restaurierungsmaßnahme im Jahr 2003 konzentrierte man sich also auf notwendige Arbeiten am Pfeifenwerk, den Windladen und der Windversorung; der Spieltisch hingegen wurde aus Kostengründen erst einmal, außer einer optischen Instandsetzung, nicht renoviert.

In den nachfolgenden Jahren waren allerdings Ausfälle einzelner Töne, besonders in den Koppeln so gravierend geworden, dass man sich entschloss, um den Betrieb der Orgel für die Zukunft zu sichern, auch den Spieltisch technisch zu sanieren.

Im Frühjahr 2013 überarbeitete die Orgelmanufactur Hugo Mayer GmbH Heussweiler also die Technik des Spieltisches. Besonderen Augenmerk wurde hier dem Koppelapparat geschenkt. Sämtliche Koppelmembrane wurden durch Membrane größeren Querschnitts und qualitätsvollerem Zwickelleder ausgetauscht. Die Tonansprache der Koppeln funktioniert nun einwandfrei und die Tonausfälle sind somit behoben. Bei dieser jüngsten Instandsetzung wurde nun ein weiterer Konstruktionsmangel bemerkt. Das Schwellwerk ist in zwei Windladen geteilt: in eine vordere Lade zum Kirchenschiff hin und eine Lade zur Turmwand. Bei der hinteren Lade hat man bei der Erbauung der Orgel kein Relais zu Auffrischung des Spielwindes eingebaut. Das führt zu einer schlechten Repetition der Töne auf dieser Lade, so dass diese Töne noch später an- und absprechen als es bei der natürlichen Verzögerung einer pneumatischen Traktur üblich ist. Schnelle Tonwechsel und Triller waren in diesem Zustand leider nicht möglich. Im Jahr 2018 wurde das fehlende Relais durch die Orgelbauer der Firma Mayer ergänzt, somit die jüngste Renovierung erfolgreich abgeschlossen. Zum Schluss sei bemerkt, dass die Späth-Orgel der katholischen Kirche Mariä Himmelfahrt zu Otterstadt heute ein wertvolles Klang- und Baudenkmal einer Epoche ist, aus der uns nur noch wenige komplett erhaltene Instrumente dieser Größe erhalten geblieben sind. Ganz im Element ist dieser Orgeltyp bei der Frage nach romantischen Klangfarben bis hin zu sinfonischen Klangtürmen. Doch auch bei Verwendung in der Liturgie bietet dieses Instrument einen bei „modernen Orgeln“ nicht anzutreffenden Reichtum der Farben, der beim Literaturspiel, bei der Improvisation und nicht zuletzt zu Begleitzwecken phantasievoll genutzt werden kann.

Dirk Manfred Schneider